von Jörg Streese

Nothafen Haapsalu

Nothafen Haapsalu

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Published on August 11th, 2017 @ 23:16:00 , using 764 words,
Nothafen Haapsalu
Nothafen Haapsalu

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Um 07:00 setzen wir schon im Hafen die Genua 2, eingedenks des unzuverlässigen Motors, doch heute Morgen schien es ihm zu passen. Also schob er ein bisschen mit.

Sobald wir auf unseren Westkurs gehen konnten, setzten wir das Gross dazu und schon schoben wir mit zwei knoten mehr durch die Wogen.

Plötzlich schiesst etwas über unsere Köpfe in unsere Kajüte.

Uwe an der Pinne hat das gar nicht mitbekommen, ich gehe runter und sehe einen jungen Vogel, ich meine es könnte ein Specht sein, an unserem Backbordfenster an dem Vorhang festgekrallt hängen, wo er aus dem Fester schaut und als er mich bemerkt, ängstlich den Schnabel aufsperrt.

Ich mache nur schnell ein Foto und verziehe mich dann wieder nach draussen, um ihn nicht noch weiter zu ängstigen, weil er hier vermutlich als Landvogel eine Pause vom Fliegen gesucht hat und ich ihm die nicht nehmen will.

Nach 15 Minuten ist er plötzlich so schnell verschwunden, wie er reingeschneit ist.

Wir wünschen ihm ein gutes Ankommen wo auch immer.

Dann bekamen wir den langen Schlag nach Südwest und durch die Küsteform hier kam der Wind jetzt südlicher, das hiess, wir mussten hoch an den Wind, aber dass neue Gross zeigte hier, was es konnte: noch nie hatte ich auf miss sophie, die ich jetzt 23 Jahre besitze, ein Gross, mit dem ich in durchaus bewegtem Wasser 45 Grad zum Wind segeln konnte. Nun kann ich es.

Jetzt wurde das Fahrwasser sehr schmal, weil steuerbord und backbord sehr flache Stellen vorhanden sind und um den jetzt süd verlaufenden Kurs halten zu können, muss James, unser Motor, ein bisschen mitschieben. Tat er auch.

Trotzdem mussten wir hier und da ein bisschen schnibbeln, aber das macht ja auch ein wenig den Reiz eines solchen Kurses aus, zumal hier Sandgrund ist, zwar unangenehm aber nicht wirklich gefährlich.

Dann gab es wieder einen kurzen Westsüdwestkurs um dann wieder in einen Südkurs zu gehen, und hier wurde es James zu viel: er streikte - und zwar beharrlich.

Wir fangen an, sehr kleinräumig zu kreuzen, dann werden wir mutiger und gehen weit von der markierten Fahrrinne weg und schaffen so auch diese Klippe.

Aber die Frage stand nun immer deutlicher vor uns: wohin kann es unter Segeln gehen, welcher Hafen ist unter Segel anzusteuerbar und auch zu erreichen?

 Eigentlich keiner.

Wir schlucken einen Moment.

 Zurück?

Keine Chance. Die Ansteuerung verläuft sehr engräumig südwest.

Heltermaa und Rohuküla, die beiden Fährhäfen zwischen der Insel Hiiumaa und dem Festland können wir nicht erreichen, weil die Fahrrinne zwischen ihnen nur durch eine sehr enge lange süd verlaufende Fahrrinne zu erreichen ist, die wir aber unter Segel nicht schaffen.

Wir schlucken nochmal.

Pause.

Wir drehen bei, um einen Moment in Ruhe überlegen zu können.

Seekarte studieren.

Haapsalu.

Aber die letzte Strecke in den Hafen verläuft südost, dort wo der Wind herkommt.

Aber bevor dieser Teil beginnt, ist eine kleine Bucht mit drei bis vier Meter Tiefe, wo man ankern könnte und vielleicht kommen wir auch wie auch immer in den südlich gelegenen Fischerhafen und und können irgendwie an einem Trawler festmachen.

Egal wie, Haapsalu ist unsere einzige Chance. Und die zudem mit der Chance, fachliche Unterstützung dort zu bekommen.

Also los.

Miss Sophie segelt brav ihre von uns diktierten Kurse ab, der Motor streikt beharrlich weiter und wir bereiten alles für ein Spontananlegemanöver vor: Anker zum werfen bereitlegen, beide Seiten mit Fendern abfedern, vorne an beiden Seiten Festmacher über die Reling ausbringen, Peekhaken bereitlegen, Achterleinen bereithalten und jetzt geht es los.

Miss Sophie ganz hoch am Wind, der sehr böig ist, wir schaffen es auf die Höhe des Fischerhafens, aber in diesem Moment schlafft der Wind ab und wir driften auf die flachen Stellen.

In diesem Moment kommt ein Schlauchboot vorbei und ich winke sofort mit einem Tau in der Hand.

Der Eigner winkt zurück.

Ist zwar nett von ihm gemeint, aber nicht das, was ich will.

Ich schwenke das Tau noch heftiger, aber weil wir unter Segel sind, nimmt er das wohl als eine seemännische Handlung zur Kenntnis. Jetzt fang ich an zu brüllen und nun reagiert er. 

Schnell ist er längsseits, nimmt unseren Tampen und schleppt uns vierzig Meter weiter an den Steg des ersten Segelvereins hier.

Bevor wir uns noch bedanken können, ist er schon wieder verschwunden und wir beginnen unseren Stress abzubauen:

Ein stählernes 5 -Tonnenboot unter Segeln gegen den Wind in einem kleinräumigen Hafen, dessen Fahrrinne vielleicht die doppelte Schiffslänge hat, irgendwie an eine Stelle zu bringen, wo das Ding bleiben kann, ist nicht witzig und kann im Yachtbereich schnell zu erheblichen Kosten führen. 

Jetzt ein Bier. Aber bei einem ist es nicht geblieben.

Bilder kommen noch

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